Mittwoch, 17. Oktober 2012

Abschied von gestern.

1982: Als die Zukunft noch silber war.
Ich möchte mein Leben aufräumen. Mich von Ballast befreien und Überflüssiges loswerden. Liegt wohl am Alter. Aber keine Angst, ich werde nun nicht in Schwitzhütten nach dem Sinn vonnet Janze suchen und ich werde auch nicht Buddhist, Scientologe oder Christ. Und bei den Mormonen und Moslems gefällt mir nicht, dass sie was gegen Alkohol haben.

Nein, man soll ja mit den kleinen Dingen anfangen. Den Müll runterbringen, die Sanifair-Gutscheine von den Autobahnraststätten endlich einlösen - oder seine CD-Sammlung digitalisieren. Schließlich nehmen die silbernen Tonträger ziemlich viel Platz weg in meiner bescheidenen Hütte und intensive statistische Analysen haben ergeben, dass ich seit dem Erwerb eines iPods nur ungefähr dreieinhalb Minuten jährlich eine CD in den letzten im Haushalt verbliebenen Player einlege. Download rules okay, inzwischen auch bei mir. Deshalb habe ich beschlossen, die ganzen Bits und Bytes via iTunes auf einer externen Festplatte zu speichern und den physisch neu gewonnen Platz anderweitig zu nutzen. Dort könnten dann zum Beispiel meine Platten stehen, die ich selbstredend NIE verkaufen werde. (Ein Veräußern der Vinylschätze wäre in etwa so, als würde man mir die Erinnerung an die Pubertät nehmen ...vielleicht doch keine schlechte Idee?).

Anyway, die Silberlinge sind zum Abschuss freigegeben. Aber wenn ich ehrlich bin, beschleicht mich beim Digitalisieren doch ein seltsam nagendes, unwohles Gefühl. Im Herzen bin ich ja ein mechanischer Mensch und sämtliche digitalen Medien (insbesondere wenn sie von einem Herrn Jobs verantwortet werden/wurden) geniessen mein allertiefstes Misstrauen. Denn: Stromausfälle, Feuersbrünste, Datenverlust, der Iwan kommt - kann alles passieren. Sollte die Hütte hier abfackeln, könnte ich die CDs zur Not hustend mit mir drei Treppen hinunter schleppen (was praktisch andererseits undurchführbar wäre, weil meine Arme schon mit den wichtigsten LPs voll ausgelastet wären), an eine Festplatte würde ich im Notfall nie im Leben denken.

Trotz all dieser Zweifel habe ich nun angefangen, die gesamte, bei mir auf kompakter Scheibe vorhandene Musikgeschichte seit der letzten Eiszeit in das Reich des Apfels zu überführen. Das Schöne dabei: Man entdeckt viele gute Werke und Songs wieder. Den Doppel-CD-Sampler "Down To The Promised Land - Five Years Of Bloodshot Records" habe ich schon seit 2003 nicht mehr gehört, ebenso Burning Spear, Red Star Belgrade oder die Raubkopie einer Culture-CD, die ich einst auf Barbados beim Schwarzbrenner (no pun intended!) meines Vertrauens erwarb. Der frühe Elvis taucht wieder auf, Northern Soul erlebt ein ganz persönliches Revival und alte Fugazi-Kracher begeistern mich ebenso aufs Neue wie das Gesamtwerk der Aeronauten. Kurz: Allerhand Obskures erhebt die musikalische Stimme - und ich wanke schon wieder, ob ich derartige Schätze wirklich meistbietend an MOMOX und Co verscherbeln soll. 

Falls ich es tue, kaufe ich mir vom Erlös ein paar heiße Scheiben.



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